Review Plantronics Backbeat Pro: Drei Wochen Türkeiurlaub

Ich habe mir vor einer Weile den Plantronics Backbeat Pro Kopfhörer mit Active Noise Cancelling gekauft. Jetzt war ich im August für 3 Wochen im Urlaub und möchte euch kurz meine Erfahrungen mit dem Kopfhörer schildern.

Der Backbeat Pro ist nicht gerade billig, daher habe ich im Vorfeld eine Menge Reviews dazu durchgelesen. Als ich ihn im Januar gekauft hatte, hat er mich 169,- € gekostet. Und so eine Investition will gut überlegt sein. Da aber alle Reviews positiv waren, und mir Plantronics als Headset-Hersteller gut bekannt ist, habe ich die Investition gewagt.

Design

Das Design des Kopfhörers gefällt mir ausgesprochen gut. Es handelt sich hierbei um einen ohrumschließenden Kopfhörer, wodurch die Muscheln natürlich etwas größer sind.

Die Muscheln sind mit einem Kunstlederbezug überzogen und sehr weich. Sie umschließen die Ohren völlig, üben aber kaum Druck aus, wie man das durchaus von anderen ohrumschließenden Kopfhörern kennt. Der Kopfbügel ist verstellbar, mit Stoff überzogen und ebenfalls gepolstert.

Zwar hat der Kopfhörer ein gewisses Gewicht, hat man den Kopfbügel aber richtig auf die Kopfgröße eingestellt, merkt man ihn kaum noch. Auch nach längerem Tragen wird der Kopfhörer nicht unangenehm. Das Material auf den Ohrmuscheln wird auch nicht unangenehm, wenn man selbst größerer Hitze ausgesetzt ist, wie z. B. auf einer Terrasse in der Türkei. 🙂 Ich hatte ja so meine Sorgen, dass evtl. Schweißentwicklung das Ding unangenehm werden lassen würde, dem war aber in keinster Weise so.

Beim Transport gibt es dann aber Minuspunkte. Er lässt sich nicht klein zusammenfalten. Die Ohrmuscheln lassen sich nach innen verdrehen, so dass man den Kopfhörer um den Nacken tragen kann und die Ohrmuscheln auf den Schlüsselbeinen zum Liegen kommen. Kleiner wird er leider nicht.

Bedienung

Auch die Bedienung finde ich sehr gut durchdacht. Als Blinder kann man die rechte von der linken Ohrmuschel ganz einfach erkennen. Die Anschlüsse zum Laden und für ein Audiokabel befinden sich an der linken Muschel.

Auf der linken Muschel befindet sich ein riesiger runder Knopf, der ist für Play/Pause. Ein geriffelter Ring um die Muschel ist dafür da, Titel vor- und zurückzuschalten, oder innerhalb eines Titels zu spulen. Am hinteren Teil der Muschel befindet sich ein Schiebeschalter, mit dem das Noise Cancelling ein- und ausgeschaltet werden kann. Unten an der Muschel sind die Anschlüsse.

An der rechten Muschel befindet sich ebenfalls ein riesiger Knopf, der ist zum Annehmen von Telefonaten. Der Ring an dieser Muschel ist für die Lautstärke. Hinten an der Muschel ist der Schiebeschalter zum Einschalten. Unten an der Muschel ist ein kleiner Knopf, mit dem sich die Außenmikrofone einschalten lassen, so dass man ein Gespräch mit dem Sitznachbarn oder dem Zugpersonal führen kann, ohne den Kopfhörer abzunehmen. Während eines Telefonats ist das der Stummschalter.

Noise Cancelling

Ich habe keine Vergleichswerte, da dieser Kopfhörer mein erster ist, der ANC kann, daher kann ich auch nicht sagen, ob dieser hier besser oder schlechter ist als ein Modell eines anderen Herstellers. Ich kann nur beschreiben, wie ich das ANC wahrgenommen habe.

Beim Einschalten des ANC fällt sofort auf, tiefe Frequenzen werden hervorragend ausgeblendet. Ohne ANC höre ich störend mein eigenes Atmen, was sofort vollständig weg ist, wenn ich ANC einschalte.

Bei einer Busfahrt waren die tiefen Motorgeräusche fast komplett weg, einige Mitten und fast alle Höhen waren aber noch hörbar. Allerdings durch das ohrumschließende Design der Muscheln war auch das extrem in den Hintergrund gerückt.

Auf dem Flug war deutlich zu hören, dass die tieferen Triebwerksvibrationen ausgeblendet wurden. Auch die Muscheln haben fast den ganzen Rest gedämpft, so dass nur noch ein Geräusch zu hören war, dass man bestenfalls als etwas lautere Lüftung beschreiben kann. Macht man jetzt noch Musik in etwa Sprechlautstärke an, ist der Flieger gar nicht mehr zu hören.

Besonders lästig auf der besagten Terrasse in der Türkei war die Rasensprenganlage. Das Ding hat echt genervt! Aber mit dem Kopfhörer und ANC war auch das Geräusch fast komplett weg. Obwohl hier viel mehr höhere Frequenzen eine Rolle gespielt haben, konnte der Kopfhörer viele davon ausblenden. Und auch hier, mit moderat leiser Musik war auch das Geräusch völlig weg.

Persönlich empfinde ich das schon als beträchtlichen Vorteil gegenüber anderen Kopfhörern ohne ANC. Aber wie ich schon sagte, ich habe keine Vergleichswerte. Und ursprünglich ging es mir beim Kauf dieses Kopfhörers nur zweitrangig um das ANC, aber man bekommt ja heute kaum noch Bluetooth-Kopfhörer der gehobeneren Qualität ohne ANC.

Klangqualität

Soll das ein Scherz sein? 🙁 Verlässt man sich hier vollständig auf die Reviews, fällt man unweigerlich auf die …, wenn man jetzt gehobene oder sogar überragende Klangqualität erwartet.

Nun möchte ich ja nicht behaupten, die anderen Reviewer hätten Tomaten auf den Ohren. Aber bei 12 oder 15 Reviews, die ich gelesen habe, hat nur einer in einem Nebensatz erwähnt, dass der Klang nicht so toll wäre. Auch ein Heise-Autor hat bei einem Test von Kopfhörern mit ANC kurz erwähnt, der Klang sei jetzt nicht so toll. Da das aber nur 2 Meinungen waren, ging ich davon aus, es handelt sich hierbei um subjektive Meinungen. Aber wer wahrscheinlich überwiegend diese kompressorvergewaltigte Krachorgie hört, die manche „Musik“ nennen, dem wird vielleicht wirklich nicht auffallen, wo die Schwächen dieses Kopfhörers liegen.

Genau genommen hat der Kopfhörer 3 wesentliche Probleme, die ich hier im Einzelnen mal aufführen möchte. Obwohl ich betonen möchte, dass ich kein perfektes Gehör habe, und andere das durchaus anders empfinden können, finde ich doch, dass es sehr auffällig ist.

  • Mitten sind falsch. Die Bässe und Höhen gefallen mir bei diesem Kopfhörer echt gut. Aber die Mitten stimmen einfach nicht. Bei ausgeschaltetem ANC sind die Mitten zu gering, bei eingeschaltetem ANC sind die Mitten zu viel. Nur, wenn man die Elektronik des Kopfhörers komplett abschaltet und über das mitgelieferte 3,5 mm Klinkenkabel hört, ist der Klang geradezu optimal. Aber das ist ja irgendwo nicht Sinn und Zweck der Übung.
  • Loudness-Funktion oder Dynamikbegrenzer? Hört man ein Stück, dass über die gesamte Länge gleichmäßig laut ist, wird einem nichts auffallen. Hört man diese Loudness-Gruseligkeit, die manchmal so im Radio läuft, schon mal gar nicht. Aber hört man Musik, in der es öfter mal zu leiseren Passagen kommt, Klassik, manche Rock-Stücke, …, so wird in den leisen Passagen die Lautstärke angehoben. Setzt bei einem Rock-Stück dann der Rest wieder ein, so ist für den Bruchteil einer Sekunde das Ganze viel zu laut. Man hört also deutlich ein Lautstärkepumpen, bis sich der Kopfhörer wieder eingeregelt hat. Auch das ist, nutzt man das Kabel, nicht vorhanden.
  • Bässe sind bei eingeschaltetem ANC schwächer. Bei ausgeschaltetem ANC sind sie perfekt, ob nun mit oder ohne Kabel, aber bei eingeschaltetem ANC sind sie in Verbindung mit den überzogenen Höhen zu schwach.

Ich hatte den Support angeschrieben, weil ich diese Probleme, weil sie ja in der Software liegen, für lösbar halte. Ein paar Parameter anders eingestellt, und der Kopfhörer wäre mit einem Softwareupdate perfekt. Dass er es rein technisch kann merkt man ja, wenn man ihn ohne Elektronik direkt am Kabel betreibt. Aber außer einer bitte für eine genauere Beschreibung kam da nix mehr. Auch kein Softwareupdate.

Ich kann es nicht leiden, wenn mir ein Kopfhörer vorschreibt, welche Art Musik ich zu hören habe. Ich habe auch keinen Bock, 5 Kopfhörer für meine unterschiedlichen Wünsche mitzunehmen. Ich möchte, dass ein Kopfhörer einen möglichst neutralen klang hat, so dass ich, wenn ich das denn will, meine Klangpräferenzen mit einem Equalizer nachregeln kann. Will ich eine Bassorgie, dann schiebe ich halt die entsprechenden Regler hoch. Aber ich will halt nicht, dass der Kopfhörer hier eine Vorauswahl trifft. Plantronics, manchmal ist weniger mehr…

Ach und übrigens: Die Updater-Software ist für Blinde nicht bedienbar. Jedenfalls nicht mit Jaws. Da macht Sennheiser z. B. einen besseren Job.

Fazit

Wer überwiegend Techno und Trance hört, oder auch das, was so mainstream im Radio läuft, dürfte mit dem Kopfhörer keine schlechte Wahl treffen. Das ANC z. B. funktioniert gut, so weit ich das halt ohne Vergleichswerte sagen kann. Daher, seine aktuell bei Amazon gesehenen 139 €, ist er schon wert.

Wer aber in Sachen Musik etwas anspruchsvoller ist, könnte enttäuscht sein. Daher, testet den Hörer mit eurer Musik ausgiebig und entscheidet dann, ob ihr ihn behalten wollt.

Würde ich mir den Kopfhörer nochmal kaufen? Wohl eher nicht. Will ich ihn jetzt loswerden? Naja, wohl auch nicht. Denn die Soundprobleme sind zwar da, aber nicht zu dominant. Die Sache mit dem Lautstärke-Pumpen z. B. ist mir relativ spät aufgefallen. Man hört es halt nicht bei jedem Stück so deutlich. Aber es stört mich, da es mir halt auffällt. Auch die zu deutlichen Mitten bei eingeschaltetem ANC stören mich, aber sie sind nicht zu extrem.

Wären mir diese Probleme schnell aufgefallen, hätte ich das Ding wohl zurückgeschickt. Aber zum einen macht sich das erst nach einer Weile des Hörens bemerkbar, und zum anderen fallen manche Dinge erst bei bestimmten Titeln auf. Daher habe ich mir jetzt eine Test-Playlist erstellt, die ein evtl. neuer Kopfhörer bestehen müsste.

Noch behalte ich den Backbeat Pro, aber irgendwann wird mich das wohl zu sehr nerven, so dass ich mir wahrscheinlich dann doch recht plötzlich einen neuen Kopfhörer kaufen werde. So was kann bei mir durchaus schnell gehen, wenn mich das Teil zu sehr annervt. Wirklich rundum glücklich bin ich damit jedenfalls nicht.

Von Kamil Günay

Ich betreibe TuKSuB schon seit 2010. Ich interessiere mich für Computer, Kommunikation, Technik, Astronomie und vieles mehr.

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